Dienstag, November 04, 2025

Ekanta Kumari

Me in Muni Vihar, Bhaktapur an einem frischen Morgen. Bhiksu Bhante - the venerable monk, ein ausgesprochen freundlicher Zeitgenosse - führt uns persönlich zu den 15 Bahas - den heiligen Stätten der Newari in der Stadt. Er erzählt viel, ist gutgelaunt und ich verstehe wenig, sehe umso mehr. 

Im Prashansheel Bihar auf dem Bhaltapur Durbar Square empfängt uns Ekanta Kumari, die lebendige Kindergöttin von Bhaktapur. Wir sind früh zum sightseeing auf den Beinen, weil wir noch einen weiten Weg vor uns haben. Offenbar ist unser Besuch nicht angemeldet. Jedenfalls ist die 8-Jährige noch nicht angezogen und nicht fertig geschminkt. Das dritte Auge fehlt auf ihrer Stirn, nur die schwarzen Linien führen geschwungen von beiden Augen zu den Schläfen. Sie wirkt wie ein normales Kind im Schlafanzug. Niedlich, etwas pummelig, wenn sie auf einem normalen Stuhl säße und mit den Beinen schlenkern könnte - sie sitzt selbstverständlich im Schneidersitz auf ihrem Thron - , wäre die Entzauberung perfekt. Sie ist still konzentriert und spendet denen, die sich vor ihr verbeugen, Segen und Tika. Ich betrachte sie aus der Distanz, sie mich auch. Mit einer vielleicht ähnlich gearteten Neugier. Ihre Regentschaft begann vor 4 Jahren, also ist sie bereits ihr halbes junges Leben Göttin! Wir treten zurück in den Hof, wo Bhiksu Bhante mit seinen Erklärungen fortfährt. Derweil huscht Ekanta Kumari an der Hand ihrer Mutter oder dyapala (caretaker) an mir, an uns vorbei - nach Hause zum Frühstück und zur Morgentoilette. Ich bin elektrisiert: sie läuft auf ihren eigenen nackten Füßen in normalen slippers. So wie alle hier! Vielleicht ist sie schon zu groß und zu schwer und die dyapala mag sie nicht mehr tragen. Oder es steht gerade keine Sänfte bereit. Ich dachte, ihre Heiligkeit die Kumari dürfte, solange sie das Amt der lebenden Göttin auf Erden ausübt, ebendiese Erde mit ihren Füßen nicht berühren ...  
Bhiksu Bhante scheint nichts Ungewöhnliches gesehen zu haben. Weder den Schlafanzug noch das durch den Hof laufende Mädchen. Als ich später, in Nala beim Lunch, meine Tischnachbarn frage, sagen sie, in Bhaktapur nähme man die Dinge nicht so ernst wie in Kathmandu oder Patan. Als ich zu Hause an meinem Schreibtisch das Internet frage, serviert es mir eine Studie, die ich hier leider nicht verlinken kann, die besagt, dass Ekanta Kumari in Bhaktapur tatsächlich mehr Freiheiten genießt als alle ihre Kolleginnen im Land der lebenden Kindergöttinnen. Sie darf bei ihren Eltern wohnen und mit normalen Kindern spielen und bekommt vom Staat ein Taschengeld.

Ich bleibe bei der Sache und auf dem Weg. Noch laufen wir. Heute geht alles geschmeidiger als gestern. Wir vermeiden Umwege. Die Straßen sind immer noch Straßen - asphaltiert und staubig, voller Löcher. Die Mittagshitze brennt immer noch auf unsere Köpfe. Am späten Nachmittag erreichen wir Chandeswori - wo es sich meine nimmermüden MitläuferInnen nicht nehmen lassen, zu tanzen, und schließlich auch mich hineinzuziehen in ihren Reigen. Weiter nach Banepa. Übernachtung im Dhyanakuti Vihar. 

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