Der See war aber nicht unbewohnt, nicht unbeseelt, nicht unbeherrscht. Im Wasser lebten bereits "göttliche", "mythologische" Kreaturen: die Nagarajas, die Schlangenkönige und ihre Schlangenvölker. Der oberste Schlangenherrscher hieß Karkotaka Nagaraja - कक्र्कोदक नागराज und sein See - es war ja seiner! - folglich Nagarasahrada - नागरसरह्रद, der Königreich-Naga-See. Das Wasser war heilig. Hier trafen sich göttliche Wesen zur spirituellen Einkehr lange vor den Adis, Tathagatas und Buddhas.
Man besetzt nicht ungestraft fremdes Gebiet und schon gar nicht heilige Stätten! Eine buddhistische Legende bedarf aber keiner feindlichen Übernahmen. Unter dem zweiten Tathagata, Sikhi trafen alle göttlichen Wesen aus allen Sphären des Universums am Gestade des Sees ein, um dem Lotuslicht zu huldigen. Auch Sesa Naga kam, der alleroberste Schlangenkönig, die Stütze des Schlangen-Weltalls. Die vereinten göttlichen Energien führten prompt zu einem heftigen Erdbeben - aber nicht einmal das reichte für die heimlichen Absichten der Buddhisten, den See trockenzulegen!
Es gelang erst unter dem dritten Tathagata, Vishwabhu, als Treta Yuga auf dem Wege der fortschreitenden Degeneration das Goldene Zeitalter der vollkommenen Harmonie abgelöst hatte. Aus MahaChin (heute: China) kam der Bodhisattva Manjushri - मन्जुश्री बोधिसत्त्व mit seinem Schwert! Während einer Meditation auf Wutaishan, dem Berg der fünf Gipfel - im Sanskrit पञ्चशिर्ष पर्वत (Panchasirsa Parvata) hatte ihn angeblich das Valley mit dem Nagavasahrada, dem heiligen See der Schlangenkönige, und dem heiligen Licht der Swayambhu Dharmadhatu gerufen. Und zur Tat aufgefordert. Er pilgerte nach Nepal, fand im Süden des Valley den tiefsten Punkt am Kacchapal Parvata (Turtle Mountain) und zerhieb diesen Berg kurzerhand mit seinem Chandra Hasa - चन्द्रहास, dem Schwert mit der Symbolkraft eines Mantras. Das Wasser floss ab, in Richtung Ganges. Also in das heutige Indien. Nach dem Handstreich war das Valley trocken und fruchtbares Ackerland, aus dem der Swayambhu-Hügel "wie von selbst" als nun höchster Punkt herausragte.
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