Ich muss nun mein Hirn wieder etwas anstrengen und Wörter einsammeln, nachdem der Körper vollkommen unversehrt eine dreitägige Wanderung über Asphalt überstanden hat. Im nächsten Jahr sollen wir 5 Tage laufen. Auf derselben Strecke. Immer auf den Spuren des sich aufopfernden Prinzen Mahasattva - oder erleuchteten Vor-Buddhas. Die selbstlose Tat des Prinzen - dass er sein eigen Fleisch einer vor Hunger sterbenden Tigermutter und ihren fünf Tigerwelpen darbot - wird "Avayadan" genannt und ins Englische übersetzt mit "selfless giving", "enlightened compassion", "the ultimate act of compassion", "selfless sacrifice", "an extraordinary compassion" usw. Der Avayadan Day, in den wir in Namo Buddha mittenhineinplatzten, findet einmal jährlich statt, immer an Kartik Purnima (Vollmond im Nepali Monat Kartik), bzw beginnend in der Nacht davor, an Chaturdashi, am 14. Tag des Shukla Paksha (der hellen Mondphase) und endend am Tag danach. Es werden Kerzen und Öllampen angezündet am Grab Mahasattvas, am Namo Buddha Tempel im heutigen Kusume Community Forest, dem einstigen Hiranyagiri Gandhamadan Parbat oder Golden Fragranced Mountain.
Ich werde mir nun die Legenden und Mythen einverleiben, die Swayambhu Purana lesen, soweit mir das sprachlich möglich ist: The Sacred Buddhist Text of Nepal Valley, sozusagen die Heilige Schrift des Nepal Valley, heute Kathmandu Valley. Darin geht es natürlich vor allem die Entstehung des Swayambhu-Tempels auf einem der höchsten Hügel der heutigen Metropole. Swayambhu meint so viel wie self-born, self-manifested, self-arisen. Swayambhu soll von selbst dem Wasser, dem einstigen See, der das Valley in Urzeiten füllte, entstiegen sein.
Jetzt ist mir auch klar (im Nachhinein löst sich so mancher Dunst auf), warum der peace walk in Swayambhu, dem von Affen bevölkerten Tempel, an der Swayambhu Stupa ganz im Westen der Stadt beginnt. Warum wir den ersten Tag immer vorwiegend nur damit zubringen, die Stadt zu verlassen. Dazu müssen wir sie einmal von West nach Ost durchqueren. In diesem Jahr nahmen wir leider die falsche Ausfahrt nach Bhaktapur, weil niemand den Weg kannte und es keine Wanderwege aus einer Metropole gibt, nur Autostraßen. Im letzten Jahr wurden wir am Stadtrand in einen Bus gebeten, weil (wie ich erst dieses Jahr erfuhr), 7 Ausländer mitliefen, denen man die ganze Strecke zu Fuß nicht zumuten wollte (schöne Logik! Als ob man anderswo nie zu Fuß ginge!). Diesen beschwerlichen Anfang könnten wir uns in Zukunft sparen, wenn der peace walk an der Bouddha Nath Stupa im Osten der Stadt begänne ... aber damit ginge die ganze Pilgerschar des mythologischen Fundaments verlustig, des legendären Ursprungs allen und jedens.
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