Kürzlich reiste ich mit einem fast leeren Koffer nach Guangzhou. Er wurde bis auf den letzten Krümel durchsucht. Zufall, sagt W. AI, Pech. Algorithmus. Jedes soundsovielte Gepäckstück muss auf den Kopf gestellt werden. Ich glaube ihm nicht und fürchte, auf eine Liste gekommen zu sein. Das letzte Mal, als ich dieses Land verließ, reiste ich nämlich ohne Koffer.
Diesmal war ein Koffer dabei. Den wollte ich in China mit Putztüchern füllen. Wer sich darüber wundert, soll mal in seinem Putzschrank nachschauen, woher all das Zeug kommt. Genauer gesagt: mit Microfaserputztüchern. Und das ist auch gelungen! Leider hat sich auf der Rückreise niemand für den Inhalt dieses Koffers interessiert.
Nachdem ich im B-Tower nämlich zweieinhalb Monate Anschauungsunterricht genossen hatte, wie und womit nepalesische Reinigungskräfte arbeiten, habe ich beschlossen, die Sache auf dem Hill selbst in die Hand zu nehmen. Als erstes schickte ich die mir unbekannte Frau am Morgen nach meinem einsamen Einzug (W. weilte auf Geschäftsreise im Ausland) in ein angeblich blitzblank geputztes Haus weg, die vor der Tür stand und "kitchen and bathroom" reinigen wollte. Ich hatte gerade mal eine Nacht hier verbracht und weder geduscht noch gekocht. Unsere landlady hatte mich schon bei der Vertragsunterzeichnung gedrängt, zu sagen, wie oft ich eine maid brauche, ob einmal wöchentlich oder zweimal oder vielleicht am besten täglich because it's a big house. Ich schüttelte ständig den Kopf und widerstand tapfer all ihren Versuchungen, mir hier ein Heer von Hausangestellten zuzuführen - von der maid über den boy, den cook, den staff bis hin zum driver, für die es hinter der Außenspüle ein abschließbares Außenklo mit Warmwasser-Duschmöglichkeit gibt (das, in Klammern sei's bemerkt, schlimmer aussah als alles, was die wilden Katzen in der Siedlung zur Verfügung haben und das ich selbstredend eigenhändig sauber schrubbte, denn besagte Dame ist nie wieder vor meiner Tür aufgetaucht), mit denen ich erstens nicht in der Lage wäre, zu kommunizieren, vor denen ich aber zweitens - wie sie mir mit erhobenem Zeigefinger ans Herz legte - alle Wertsachen ein- und vor allem den Kühlschrank abschließen solle.
Ich kaufte lieber einen Staubsauger und fing mit den Microfasertüchern an, die ich in Dithmarschen in die Leerräume der DHL-Bookboxes gestopft hatte. Statt Zeitungspapier. Wie weise und ungeahnt vorausschauend! So erledige ich das, was die maids der Nachbarn in mühseliger Fronarbeit Tag für Tag von früh bis spät machen, in durchschnittlich zwei Stunden pro Woche und habe jederzeit freien Zugang zu gekühlten Getränken und meinem Goldschmuck. Plus einmal im Vierteljahr zwei Stunden extra für die Fenster. Für die habe ich mir nun einen Microfaserautoputzhandschuh bestellt. Putzig, nicht? Die Driver der Nachbarn stehen nämlich den lieben langen Tag auf dem Parkplatz vor meinem Küchenfenster um ihre Dienstwagen herum, langweilen sich, telefonieren oder spielen mit dem Smartphone. Oder wedeln mit bunt gefiederten Handschuhen am in der Sonne glänzenden Blech herum.
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