28 Januar 2025

Das Kopfüber

Das ist unsere Trinkwasser-Anlage. Unten ein dispenser mit ein paar Notlitern, oben kopfüber der 19-Liter-Bottich der Firma AquaHundred. Dieser speist den dispenser, bis er seinen Inhalt, die ganzen neunzehn Liter Wasser, nach unten abgegeben hat. Dann muss wieder ein voller 19-L-Container aufgesetzt werden, sonst trocknet der dispenser alsbald aus. 

Die Herausforderung unseres neuen Lebens ist das Kopfüber von 19 Litern Wasser. Die aus hygienischen Gründen verschweißte Hartplastikkapsel entfernen, die offene bottle vom Boden hochheben und kopfüber auf den dispenser auf der Anrichte hieven, ohne einen Tropfen Trinkwasser zu verschütten. 

Immer dienstags, also heute, wird nachgeliefert. Pro leere AquaHundred-bottle kann ich eine volle kaufen. Manchmal werden pro Woche zwei leer, manchmal nur eine, das hängt einerseits davon ab, wie der Wasserstand am vorausgegangenen Dienstag war, andererseits davon, wieviel Trinkwasser wir in 7 Tagen verbrauchen. Nicht nur zum (Tee- oder Kaffee-) Trinken, sondern auch zum (Mo:Mo-)Kochen, Waschen von grünem Gemüse (leafy greens with high pesticide level), Tomaten, Trauben uam, zum Einweichen von Red Chana, roten oder grünen Linsen. Und last but not least: ob ich alleine bin oder ob wir zu zweit saufen. 

Wir haben immer mindestens einen vollen Bottich in Reserve. Es ist also keine Frage der Versorgung, die Notlage - wenn es denn zu einer kommt - besteht im wahrsten Sinne des Wortes in der Lage des Wassers. Trinkwasser haben wir immer ausreichend. Aber es befindet sich nicht immer an der richtigen Stelle und dann kann es nicht fließen. 

W. hat zwei linke Hände, immer schon gehabt und daran wird sich auch nichts mehr ändern. Einmal ist ihm ein voller, aber bereits offener AquaHundred-Bottich aus der Hand gerutscht. Das reicht für ein lebenslängliches Trauma. Und ich bin ein schwaches Weib. Wenn ich Glück habe, ist die bottle am Dienstag leer und der Wasserschef so freundlich, mir gegen ein Trinkgeld eine volle nicht nur in die Küche zu rollen, sondern sie auch aufzusetzen. Wenn ich kein Glück habe, wird die bottle an jedem anderen Tag leer, nur nicht am Dienstag. Wenn ich noch mehr Glück habe, kommt zufällig jemand des Weges. Gescheiter Besuch von W. Kräftige Nepali, die alle zu Hause, seit sie denken können, kopfüber Wasserbottles aufsetzen. Ob auf einen simplen dispenser wie unseren, oder auf eine raffinierte Maschine, die das Wasser auch kühlen oder wärmen kann, macht keinen Unterschied. Die Handhabe ist leider immer dieselbe: das Oben muss offen und kopfüber auf das Unten kommen, sonst läuft gar nichts. Wenn ich überhaupt kein Glück habe, bitte ich unseren community manager. Der versichert mir jedes Mal strahlend, das sei überhaupt kein Problem und er sei jederzeit, an 7 Tagen der Woche, rund um die Uhr für mich da ...  

Trotzdem. Trotz all der hilfreichen Männerhände, sagt mir meine gestandene helvetische Seele, dass ich, wenn ich mit dem Trinkwassermanagement nicht klar komme, in diesem Land nichts zu suchen habe. Im 10. Stock hatten wir einen Filter. Der war auch nicht optimal. Ich traute ihm nicht, denn für einen Liter gefiltertes Wasser vergoss er mindestens drei- bis viermal so viel Dreckwasser in den Abfluss. Tränenreiche Sache! Außerdem funktionierte er nur mit Strom. Wenn der Strom nicht floss, floss auch kein Trinkwasser.

Heute also, gestärkt nach der Meditation unter dem Laxmibaum und bei Shiva und dem Morgenqigong mit Wanderschuhen und dem Besuch beim jungen Gemüsehändler mit den rot gefärbten Haaren und bevor die Wassermänner angefahren kamen, machte ich mich frisch ans Werk. Das Resultat seht Ihr oben! Und hier unten die stumme Herausforderung bis zum nächsten Dienstag: 2x19L.

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