Montag, März 10, 2025

Postkartensammlerin

Auch ein Prädikat, das ich ablegen muss: das der Postkartensammlerin. Ein Anachronismus. Vorsorglich habe ich die Postkarten, die ich über Jahre und Jahrzehnte gesammelt hatte, letzten Sommer in Meldorf aussortiert. Die unbeschrifteten hat die Bücherstube mitsamt den Büchern und Bücherregalen mitgenommen. Die beschrifteten habe ich, nachdem ich die Briefmarken abgeschnitten und für eine Chorkollegin, die den Anachronismus Briefmarkensammlerin für sich beansprucht, beiseite gelegt. Ein paar wenige Postkarten, die mir damals, als ich mein Haus und meine Vergangenheit aufräumte, wirklich am Herzen lagen, wie mir schien, habe ich in eine der neun 20-Kilo-DeHaEls gesteckt. Die liegen nun im Kleiderschrank meines Arbeitszimmers, den ich umgewidmet habe zu meinem Archivschrank.  Postkarten gibt es in Nepal nicht mehr. Jedenfalls habe ich in den letzten Monaten keine entdeckt. Briefmarken gibt es zwar, auch immer mal wieder neue zu besonderen Anlässen. Aber nur in Kathmandu auf dem GPO (General Post Office) - und da muss die Postkartensammlerin oder der Postkartenschreiber erstmal hinkommen, wenn er oder sie sich irgendwo im malerischen Gelände herumtreibt. Kürzlich bekam ich aus genau diesem Grunde in Lumbini zwei Postkarten geschenkt. Die eine zeigt die Ashoka Säule (Asoka Pillar), die andere den Mayadevi-Tempel. Beide gelten als the birthplace of Lord Buddha. Beide Motive lagen zuhauf, auf mehreren Stapeln im Souvenirshop des japanischen Restaurants, wo wir zu Mittag aßen. Als ich im dazugehörenden Hotel nach Briefmarken (stamps - do you have stamps?) fragte, wollte mir die freundliche Dame an der Reception einen Stempel des Hauses raufhauen. Ich zog die Postkarten erschrocken weg und schüttelte den Kopf. Stamps - wiederholte ich, post office, letterbox ... . Und sie begriff, lächelte, erklärte, als ob es das Normalste der Welt wäre: Oh! Only in Kathmandu.  Natürlich reisen die meisten Touristen über Kathmandu in das Land ein und wieder aus. Natürlich habe ich den Vorteil, dass ich hier keine Touristin bin, sondern mittlerweile wohl so etwas wie "ansässig". Trotzdem habe ich keine Lust, mit den beiden Postkarten (was für ein Geschenk für eine Postkartensammlerin a.D.!) beim GPO vorzusprechen und zu hoffen, nicht ausgerechnet auf die Mittagspause der oder des Bediensteten am Briefmarkenschalter zu treffen. Wem um Himmels Willen sollte ich den nun die Karten schicken? Hin ist hin! Tempi passati, allen, denen ich leichtfertigerweise einst vielleicht eine Postkarte versprochen habe, müssen darauf verzichten. Die beiden Unikate kommen in meine Schatztruhe im Kleiderschrank!

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