Donnerstag, März 13, 2025

Holi

Heute ist Holi, Fagu Purnima, das Fest der Farben und des Feuers. Man bewirft oder beschmiert sich gegenseitig mit Farbpulver, nutzt für effektivere Resultate Wasserbomben und Wasserpistolen, die mit einem Farbgemisch gefüllt sind, sitzt nach Einbruch der Dunkelheit am Lagerfeuer und lacht. Eine wunderprächtige Angelegenheit! Uns wird natürlich geraten, nur mit alten Klamotten auf die Straße zu gehen - oder noch besser den ganzen Tag zu Hause zu bleiben. In allen Shutters hängen Holi-T-Shirts zum Kauf, die sind bereits vorbeschmiert und vorbedruckt in allen bunten Farben. W pflegt seinen Schnupfen und jetlag, die Arbeiter steigen aufs Dach und bald wieder hinunter. Nur ich gehe tapfer meiner Morgenroutine nach. Qi Gong am Shivatempel und Frühstückseinkauf auf der Golfutar. Komme mit roten Schlieren im Gesicht nach Hause. Die Obstverkäuferin hat mich gefragt, ob sie darf und dann strahlend happy Holi gewünscht.

Happy Holi! Wie bei allen Hindufesten geht es auch hier um den Kampf von Gut gegen Bös. Farben sind aber auch Geschmackssache. Für den einen ist Rot aggressiv (=böse), für den anderen feurig (= warm und gut). Anders die Legenden. Angeblich gab es einst in grauer Vorzeit die "dämonischen" Geschwister Holika und Hiranyakashipu. Ich meine allein aus den Namen ableiten zu können, wer zu welcher Fraktion gehört. Dem ist aber beileibe nicht so. Der Teufelskönig Hiranyakashipu wollte seinen Sohn Prahlada bestrafen, weil der ein glühender Anhänger Vishnus war - und nicht an den Vater als alleinigen Herrscher und Tyrannen glaubte. Hiranyakashipu beschloß, Prahlada zu töten, ihn mithilfe seiner Schwester Holika auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen. Die besaß nämlich einen Umhang, der sie vor Feuer schützte. Der teuflische Plan ging nicht auf, denn Prahladas Gebete zu Vishnu erwiesen sich mächtiger als das Stück Stoff. Die Flammen fraßen Holika und verschonten Prahlada. Deshalb - aber weshalb eigentlich? ich verstehe das nicht -  glauben bis heute viele Hindus, Holi - das Fest, des Sieges des Guten über das Böse - sei nach Holika benannt.    

Eine andere Legende berichtet von der rührenden Liebe Krishnas und Radhas. Krishna war dunkelhäutig (darf man das heute noch sagen?), weil ihn ein Dämon als Kind vergiftet hatte. Krishna liebte die hellhäutige Radha, und verzehrte sich vor Kummer, ob sie ihn aufgrund seiner Hausfarbe mögen könnte (alles vorausschauend im Konjunktiv). Krishnas Mutter Yashoda grämte sich so sehr über die Gram ihres Sohnes, dass sie auf die gute Idee kam, sein Gesicht mit vielen, bunt leuchtenden Farben zu bemalen. So würde er Radha gefallen! Und so geschah es dann auch.

Holi steht auch - wen wundert's? - für den Frühlingsanfang. Für den Sieg einer farbenfroh explodierenden Natur über den starren kalten Winter. Wie oft haben wir schon das Ende des Winters und den Beginn des Frühlings gefeiert? Holi wird am ersten Vollmondtag des Monats Falgun gefeiert. Nach meinem Kalender ist heute der letzte Tag (der 29.) des Monats Falgun und erst morgen Vollmond. Und morgen beginnt der neue Monat Chaitra. Holi kann nicht ausfallen. Auch wenn in diesem Jahr (wir erinnern uns 2081) der Monat Falgun gar keinen Vollmond hat. Der letzte Vollmond war am letzten Tag (am 30.) des Vormonats Magh. Holi darf nicht ausfallen und wird wie alle Feste einfach so lange gefeiert, nach mehreren meiner Quellen zwischen zwei und zehn Tagen, bis alles passt.

Letzte Nacht ging ein krachendes Gewitter nieder. Gefolgt von Regen. Den größte Teil des Daches hatten die Handwerker gestern im Laufe des Tages wieder abgedeckt, die Scherben und den groben Schutt in Säcke abgepackt und lärmend die noch verbliebenen Marmorplatten abgeschlagen. Heute kommt das Gewitter früher und der Regen später. Um 14:22 Uhr bebt die Erde in Xigaze, dort wo immer und mit einer Stärke wie immer: 4,3. In ganz Kathmandu wird kein Essen ausgeliefert. Also setze ich meine Bambusdämpfkörbe auf. 

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