Gestern ist eine junge Frau an einem Schlangenbiss gestorben. In Kanchanpur, im letzten Zipfel des Landes im Südwesten, noch hinter - von mir aus gesehen - Kailali und außerhalb des Einzugsgebiets des Karnali Rivers. Schlangen gibt es überall, giftig sind sie nicht alle. Pech gehabt, mag man denken. Das kommt vor. Die Tragik liegt hinter der Geschichte und vor der Schlange. Fast wie im Garten Eden.
Immer noch werden menstruierende Frauen und junge Mädchen in sogenannte chhau goths (menstrual sheds - Menstruationsschuppen) gesperrt, wie Vieh. Sie gelten als unrein und können abseits von der Familie, ohne jeden Schutz in aller Ruhe vergewaltigt oder von wilden Tieren angefallen werden. Ein junger Arzt rechtfertigte kürzlich Chaupadi - den rituellen Bann der Unsauberen. Menstruierende Frauen dürfen weder in die Küche noch in den Tempel. Sie seien während ihrer Tage geschwächt und bräuchten Ruhe. Die anstrengende Arbeit im Haus oder auf dem Feld verrichteten derweil andere weibliche Familienmitglieder.
Aber sie sterben einsam und verlassen an unbehandelten Schlangenbissen, an Entkräftung, Unterkühlung, Überspülung, Hunbger, Durst und psychischem Stress. Chhaupadi steht mittlerweile unter Strafe, aber der Staat und die Justiz kommtennicht gegen die Tradition an. Zerstörte chhau goths (um dem Ganzen ein Ende zu machen) werden im Nu neu errichtet. Besagter Schuppen wurde zwar gestern noch von den Angehörigen abgefackelt. Aber nicht aus Trauer um die Tote - Mutter, Tochter, Gattin, Schwester - sondern aus Angst vor der Schlange.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen