05 Februar 2025

Das Spiegelverkehrt

My morning cat - Mein Morgenkater! Auch die Nachbarin ist überzeugt, dass es ein Kater ist. Ein dominanter, streitlustiger, durchsetzungsfähiger Kerl, der sogar ihrem Haushund Angst einjagt.  

Kaum hört er mich rumoren in der Küche, streckt er sein Näschen aus seiner Kammer und miaut herzzerreißend.

Kaum hat er von mir sein Katerfrühstück serviert bekommen, stellt er sich vor das Fenster der Nachbarin und heult vor Heißhunger.

Kaum hat er das zweite Katerfrühstück verputzt, trollt er sich - oder zieht sich in sein gut gehütetes Versteck zurück.  

für Frideswida Zapateira Honorabilis Emerita  

04 Februar 2025

Muda

Ich habe auf der Golfutar in einem Shuttershop endlich zwei Mudas gekauft, einen größeren und einen kleineren. Muda ist ein gewobener Hocker, aus Bambus oder anderem Holz, mit einer Sitz- oder Ablagefläche aus bunten Baumwoll-, Nylon- oder anderen haltbaren Synthetikschnüren. Unten um den Fuß ist für garantiert rutschfesten Stand ein alter Mountainbikereifen mit mehr oder weniger abgefahrenem Profil gewickelt und angenäht. Ich kann die Muda auch als Tritthocker oder Steigbügel nutzen und muss nicht mehr einen der höchst soliden, aber schweren Holzküchenstühle treppauf und treppab tragen, wenn ich irgendwo hochsteigen will. Oder muss.

Muda, heißt es, darf in keinem nepalesischen Haus fehlen. Also auch in unserem nicht. Ich bestellte zwei Mudas am Tage nach dem Umzug auf den Hill bei einem alternativen Frauenprojekt, sie wurden aber leider nie geliefert. Im Gegenzuk kamen alle meine Erinnerungsmails als unzustellbar zurück. Nun habe ich meine Mudas bei einer alten Frau an der Straße gekauft. Sie scheint in ihrem Shutter zu wohnen und erzählte mir ganz viel in ihrer Sprache, die ich nicht verstehe, während die Tochter zum Nachbarshutter lief, um Wechselgeld einzuwechseln. Die Greisin schien zu klagen über gesundheitliche Probleme und zeigte mir ihre komplett fehlende obere Zahnreihe. Aber sie war geschminkt und hatte rosige Wangen, eine auf die Entfernung erstaunlich weich wirkende Gesichtshaut. Sie sass auf einer Matratze, hatte neben sich einen mehrstöckigen Kochtopf und büschelweise Gemüse (nicht zum Verkauf, sondern offensichtlich zum Eigengebrauch), sowie eine Art Nachttisch mit drei Schubladen. Darin verwahrte sie Berge von Geldscheinen, wie ich sehen konnte, als sie die mittlere aufzog. Trotzdem schickte sie die Tochter mit meinem Tausender zum Nachbarn. 

03 Februar 2025

Shree Panchami

Heute ist die Göttin Saraswati an der Reihe, die Göttin für Weisheit, Wissen und Kreativität! Schulkinder huldigen ihr. Die Kleineren lernen mit oder an ihrem Namen schreiben. Das erste geschriebene Wort verheißt Glück und befördert die intellektuellen Fähigkeiten von früh auf maximal. Die Größeren bitten für gute Noten oä. Fotos gibt es hier.

Wir treffen am Nachmittag festlich gekleidete junge Damen beim Shivatempel. Sie haben sich offenbar verirrt und tragen, weil der Weg dorthin so steinig ist, ihre Schuhe in den Händen.

Und: heute beginnt tatsächlich der Frühling in Nepal!

02 Februar 2025

Winter in Nepal

Summer is right around the corner - schreibt eine Nachbarin in unseren Community chat. Indeed: blue sky! Sonnenschein. Etwas Wind. Tagsüber 20° im Schatten. Und wieder bebt die Erde am hellen Mittag, wieder in derselben Gegend (Xigaze, Tibet) und mit derselben Stärke (4,2). Alles geht auch ohne terrestrische Erschütterungen drunter und drüber. Es ist Sonntag, ein normaler Arbeitstag. Am Vormittag wird endlich unser Visum verlängert und wir zahlen Strafe für drei Tage Verspätung. Danach will W. zum Frisör, der hat aber keinen Strom und im dazugehörenden Café läuft die Kaffeemaschine nicht. Frühstück bekommen wir trotzdem, die Eier werden mit Gas weich und Wasser ebenso warm. Schließlich wird uns von Hand ein Filterkaffee aufgegossen - und zum Schluss discount gewährt. Ich finde endlich Gebetsfahnen in the land of Buddha und hänge sie an die frische Luft auf unserem Dach. Nun kann nichts mehr passieren.

01 Februar 2025

Das Seitenverkehrt

Wieder liegt der neue Mond am Abendhimmel unter der Venus. Demütig, bittend, offen nach oben, wie eine silberne Schale, in die sich die Angebetete vorbehaltslos hineinplumpsen lassen könnte. Das tut sie natürlich nicht, sondern geht stolz und unbeirrt strahlend ihrer eigenen Wege.

Wer weiß schon, was dieser Fingernagelmond zu bieten hat. Eiskaltes Wasser oder eine gepolsterte Schaukel?