Sonntag, April 06, 2025

Ram Navami

Public Holiday, erst kürzlich von der mehrheitlich kommunistisch-maoistisch geprägten Regierung wieder zu einem solchen erhoben. Ram Navami wird am 9. Tag der Shukla Paksha (zunehmender Mond, wir sahen ihn gestern trotz smog am frühen Abendhimmel) des Monats Chaitra im Bikram Sambat Kalender gefeiert. Ram soll die siebte Inkarnation von Vishnu sein, also feiern die Hindus heute so etwas wie Weihnachten, die Wiedergeburt Vishuns als Ram, den Inkarnationstag. Ram wird als idealer Mann vergöttert oder als idealer Gott vermännlicht, der sich natürlich, so wie alle seiner Kollegen, vor allem im Kampf des Guten gegen das Böse bewährte. Mein kleiner Tempel wurde bereits gestern stark frequentiert und mit Blüten und Körnern besetzt und mit Karmesinrot beschmiert. 

Das Laub des sterbenden Bodhibaums musste gleich zweimal zusammengekehrt werden. In solchen Mengen fällt es bei dem Wetter. Und gleich zweimal musste das Feuer in der Tempelfeuerstelle angefacht werden. Dieser Qualm befeuerte die pollution direkt vor unseren Fenstern zusätzlich, und verminderte die Sicht. Heute hingegen ist Stille und frische Luft angesagt. Es kurven - public holiday! - keine Schulbusse über die Golfutar.

Wir halten uns still zu Hause. Mein Körper reagiert mit Erleichterung auf den bereits zweiten Tag inside und die Seele zehrt vom Romeo-und-Julia-Epos der nepalesischen Literatur. Ein Tipp von Pranai (unseres Nepali-for-foreigner-Lehrers) zum freien Wochenende: "Muna Madan" von Laxmi Prasad Devkota. Ich lese vorerst eine stark gekürzte, im Netz frei zugängliche deutsche Fassung, bis ich morgen die englische Version bei Booksmandala abhole. Heute ist, wie gesagt, Feiertag. So etwas wie Weihnachten. Geburtstag. Und wir bleiben schön zu Hause! 

Im Original werde ich "Muna Madan" kaum je lesen können, obwohl der Autor nicht im damals (erste Hälfte 20. Jh) üblichen Sanskrit schrieb, sondern im sogenannten Jhyaure-Folklorestil. Was auch immer damit gemeint ist - ich verstehe es nie und nimmer.

Samstag, April 05, 2025

Elastocoat

Nachts wache ich nun auf, durstig! Ausgetrocknete Schleimhäute, eine so spröde Kehle, dass sie weh tut. Und wie ich sie noch nie hatte. Meist bin ich zu matt, um aufzustehen, eine Treppe nach oben oder nach unten zu gehen und Trinkwasser zu holen. So könnte sich verdursten anfühlen. Früher wachte ich auf, weil die Blase voll war  

Am Vormittag versuche ich, unsere frisch gestrichene Terrasse zu säubern. Ich will nur mit kaltem Wasser den Staub wegspülen, alles andere wäre Verschwendung von Ressourcen und Chemikalien. Im Schatten und vor der  Mittagshitze. Es ist Anfang April und bis zur Regenzeit noch weit. Wir stehen gerade erst am Anfang von Temperaturanstieg und extensiv pollution. Das Wischwasser weicht die Farbe auf und die geriffelten Sohlen meiner Slippers ziehen Fäden hoch. Wie Kaugummi. Werfen Falten und Wellen. Wie im Luftzug baumelnde Vorhänge. Das ist alles andere als ein fester Untergrund! Die rainy season wird irgendwann kommen. Und bis dahin sollte das Haus wasserabweisend sein, wie unter einer Pelerine, der Regen abperlen wie von einem rain cape. Ich hatte kein Vertrauen zu dem jungen Mann, der hier zwei Tage lang rote Farbe (TWS 401 Elastocoat-Pu) verschmierte. So wie der kleckerte, habe ich noch keinen Anstreicher anstreichen und kleckern gesehen. Wahrscheinlich muss jetzt - sobald wir uns bei unserer landlady mit einer Bilderflut beschweren - die ganze Schose, dieser indische elastische coat, wieder abgezogen oder abgeschliffen (meine Nerven!) werden und dann ab ovo ...

Freitag, April 04, 2025

Paink

Bei Paink im Westen Nepals, Distrikt Jajarkot, bebt die Erde kurz hintereinander zweimal. Um 20:07 und um 20:10 local time. Die zweiten Erschütterungen sind deutlich stärker zu spüren, sagen die Leute, die in Panik in und um Paink auf die Straßen rennen. Der Unterschied von 5,2 zu 5,5 scheint auf dem Papier nicht so arg groß, ist aber zwischen den sich scheuernden Platten vielleicht gerade der Pfad zur Katastrophe. Berichte über Schäden gibt es (noch) nicht. 


Wir auf dem Hill in der Hauptstadt stehen (noch) auf festem Boden, rundum werden von Hand (wie bereits gesagt) Befestigungsmauern in die Erde gebaut und den Atem holen wir in unsere Lungen aus der wahren Hölle.  

Donnerstag, April 03, 2025

Tomek

 Sein Name sei ... Tom! Polnisch (zärtlich) Tomek. Er wohnt in seinem Lieblingskarton unter der Außenspüle. In the house in the house in the house. Er wacht natürlich wie immer sofort auf, wenn er mich herumfuhrwerken hört. 

Und will, müde und satt (Frühstück verputzt vor genau einer Stunde) hin oder her, sofort wieder Futter.




Mittwoch, April 02, 2025

Die Stadt im Werden

Die Stadt ist keine Stadt. Aber die Sicht auf sie authentisch. Die Stadt ist im Werden. Sie besteht aus Hunderttausend kleinen und großen Baustellen. An allen Ecken wird gearbeitet. Gebaut. Gebuddelt. Überall von Hand. Selten kommen Maschinen zum Einsatz. Wie gestern, als ein Bagger unter meinem Tempel einen tiefen Graben aushob. Daneben kam ein ordentlich mit Ziegelsteinen gebauter runder Brunnen zum Vorschein. Wahrscheinlich seit etwa zehn Jahren verschüttet. Kürzlich in der Nacht erhob sich ein fürchterliches Getöse. Ein Lastwagen hatte Steine abgeladen. Und was für welche! Riesige Blöcke sandgelber Farbe. Diese Steine wirft nun ein Arbeiter von Hand und in den üblichen ausgelatschten Slippers in den Graben. Von unten spritzt Wasser hoch. Grundwasser? Der Mönch hatte mir erklärt, es würde eine Wasserleitung gelegt und die Mauer befestigt. Ein kurzes Stück Betonrohr liegt bereits bereit. 

Ganz am Anfang hatte mir der Mönch versichert, das Wasser, das aus einer Leitung fließt, immer, Tag und Nacht, sei Trinkwasser. Es kommen ständig Leute, die hier ihre Wasserbottiche auffüllen und wegschleppen, bei der Gelegenheit noch Zähne putzen, Haare waschen und andere Körperteile säubern, die ausgezogenen Kleidungsstücke ausspülen, auswringen und feucht wieder überziehen ... und so weiter und so fort. 

Direkt daneben, in Sichtweite, unsere "guarded community". Der Manager reinigte den ganzen Winter in regelmäßigen Abständen, ungefähr einmal in der Woche, den Pool, den meines Wissens, seit wir hier wohnen, noch niemand benutzt hat. 


Dienstag, April 01, 2025

back to nature

Alles, was ich hier tue, mache ich freiwillig. Seit heute trage ich eine Partikelfilter-Halbmaske auf dem Weg zum Language Hub. Helmpflicht besteht in Kathmandu nur für den Fahrer, nicht für die Beifahrerinnen, auch nicht für mitfahrende Kinder. Maskenpflicht gibt es gar nicht. Gestern erreichte Kathmandu den Olymp der Luftverschmutzung: 365 Mikrogramm pro Kubikmeter nach der Skala PM 2,5. Weltbestleistung! Der Superlativ ist zwiespältig und die Zahlen zwar erschreckend, aber viel schlimmer als jede Statistik ist das, was ich täglich sehe oder nicht sehe und spüre oder nicht spüre in der Mittagshitze, wenn mein driver mich durch die alte Heimat fährt, die Lazimpat hinunterbraust, im Schatten des Ranibariforests, am Bluemoon und unter der wieder intakten Ampel vorbei. Die Luft ist zum Schneiden dick, die Sicht stark eingeschränkt, rundum stoßen Fahrzeuge schwarze Wolken aus - so dass wir auf Wolke 7 schweben. Also ab heute - und das ist kein Aprilscherz - Maske auf, Überbleibsel aus einem längst vergessenen Dithmarscher lockdown, und Sonnenbrille auf. Die macht das Schwarz noch schwärzer. 

Aprilscherze gibt es hier nicht, weil es gar keinen April gibt. Heute beginnt auch kein neuer Monat, wir haben immer noch Chaitra, den letzten Monat des Jahres 2081, mittlerweile den 19. Tag - also wird in 12 Tagen das Neue Jahr begrüßt!

Montag, März 31, 2025

Eid-al-Fitr

Wieder ein letzter Tag! Chaitra 18 Eid Ul Fitra ko Din Bida. Ende des Ramadans und feierliches Fastenbrechen. Public holiday in Nepal - das Land ist seit 2008 ein säkularer Staat. Also wird auch die Muslimische Community respektiert. Die Pro-Monarchisten, die am Freitag in der Metropolitan City randalierten, wollen nicht nur den alten König zurück, sondern auch den Hindu-Staat. Das Alleinstellungsmerkmal. Das einzige Hindu-Königreich der Welt. Sowie das Recht, Andersgläubige zu verfolgen und zu vertreiben. 

Ob wir foreigners heute unsere nepali-class haben oder nicht? Ja! Wir haben und lernen.