September 30, 2024

Monatsende

Endlich geht der September zu Ende. Noch immer rasen des Nachts Gedanken durch meinen Kopf, dass ich noch dies und das erledigen muss, dass ich aufbrechen, losgehen, abbrechen soll, dass ich keine Zeit mehr verlieren, nicht herumtrödeln, nicht mit den Nachbarn schwatzen und keine Fragen angeblich besorgter Freunde beantworten darf. Dass irgendetwas unweigerlich abläuft. Und ich irgendwann auf den letzten Zug, den letzten Bus, das letzte Taxi aufspringen muss um nicht den letzten Flug - wohin auch immer - zu verpassen. Dabei sind die ersten 4 meiner 9 Pakete bereits in Kathmandu eingetroffen, vom Zoll abgefertigt und zum Abholen bereit. Ich habe keine Ahnung, was ich eingepackt habe und wozu. Heute morgen habe ich 10 Eier, 2 Töpfe und 1 Glas Ghee gekauft. Alles, was am Straßenrand verkauft wird, ist staubig und wird, bevor ich es in die Hand bekomme, sorgfältig abgewischt. Zum Sonnenuntegang gehe ich eine Stunde spazieren.

September 29, 2024

heavy damages

our friends house near Dhulikhel

Viele Landstriche sind verwüstet, alle Zufahrtsstraßen nach Kathmandu gesperrt, kaputt, überschwemmt, abgerutscht, Brücken zerstört. In den letzten drei Tagen fiel so viel Regen wie "seit Beginn der Aufzeichnungen" (wie es immer so schön superlativisch heißt, hier also seit 54 Jahren, seit 1970) nie. Die Zahlen beeindrucken. Die Wetterstation am Tribhuvan International Airport meldete gestern um 8:45 Uhr einen Wert von 239,7 Milliliter Regen in den vergangenen 24 Stunden. 1 Milliliter Niederschlag entspricht einem Liter Regen pro Quadratmeter. Was ich hier alles lerne! Der höchste bis dato in the Capital gemessene Wert lag bei 177 mm und das war vor 22 Jahren. So viel Regen wie in den letzten drei Tagen fiel noch nie in Kathmandu. Das hatte auch unser Gewährsmann gestern am Telefon gesagt. Aus dem Bauch heraus. Alle anderen Wetterstationen der Haupstadt, Panipokhari (das sind wir!), Budhanilkantha (187,3 mm - der letzte Maximalwert lag bei 159 mm im Jahr 2007), Jitpurphedi, und der Nagarjun Hügel messen Rekordmengen. Die Station Chapagaun in Lalitpur erreichte 2002 den bisher höchsten Wert von 200,5 mm - gestern 323! Jhapa District meldete 299 mm Niederschlag in 24 Stunden bis Freitag Nachmittag - und es regnet weiter, wie die Behörden mitteilen. In fünf von sieben Messtationen in Jhapa übersteigt die gemessene Menge die Marke von 200 mm. Meteorologen sagen, auch das lerne ich, Niederschlag über 50 mm gelte als stark (heavy), über 100 mm als sehr stark (very heavy) und über 200 mm als extrem stark (extremly heavy). Auch das Wort extremly erlebt einen bis dahin unbekannten Aufschwung. 

Die Zahlen beeindrucken, das Steigen erschreckt! Genauso die Bilder.

Nicht auszudenken, was mit uns passiert wäre, wenn wir gestern mit brennenden peacelamps auf den peace walk losgezogen wären.

Gestern fiel immer wieder der Strom aus (und damit war auch das Internet weg), heute habe ich mehrheitlich kein Internet, trotz Strom. Ansonsten Ruhe nach dem Sturm. Sanftes Wetter. Sanfte Sonne, sanfter Wind. Auf allen Dächern und allen Terrassen, auf die ich aus meinem 10. Stock herabsehen kann, wird bunte und weiße Wäsche getrocknet.

Da Strom da ist, koche ich mir zur Feier des Sonntag Kaffee in meiner Espressomaschine. Mit von Hand (by myself) gemahlenen Bohnen "Mt Everest Supreme Coffee - Certified organic arabica beans, artisan roasted", kürzlich happily bei Blue Moon entdeckt. 

September 28, 2024

Panauti 2081 Asoj 12

Where we walked on Monday ... 


Langform mit O-Ton:

heavy thunderstorm

Es kracht und blitzt die halbe oder ganze Nacht. Ich erwache früh und sehe nichts. Regenvorhänge. Der Strom fällt auch bei heftigem Regen immer wieder aus. Die ladies kommen zum Saubermachen und W. schläft noch. Also kann das Fliegengitter in seinem Zimmer nicht repariert werden. Der Wasserfilter in der Küche muss ausgewechselt werden. Ohne den sind wir hier verloren. Die elektronische Anzeige spricht mit uns englisch. Er ist exhausted. Da steht ein anderes Wort, sowie die Anzahl der Liter, die er noch in der Lage ist für uns aufzubereiten. Und eine hotline-number. Mein Wort gefällt mir besser. Wie hingegen der Filter der Waschmaschine gereinigt werden soll, wissen die cleaningladies nicht. Die Kommunikation mit Menschen ist oft schwieriger als mit Maschinen. Die Waschmaschine erinnert mich - wie so manches, absurderweise! - an Tsukuba. Ich glaube, die Wäsche wird hier auf meinem Balkon im 10. Stock, egal welches Programm ich wähle, nur kalt gewaschen. Die Waschkraft liegt wohl allein im Waschpulver. Es regnet und blitzt und kracht weiter. 

September 27, 2024

heavy rain

Dauerregen. Den ganzen Tag. Zeit zur inneren Einkehr. Ich huste immer noch und entferne alle Lesezeichen vom Computer, die für mich nicht mehr relevant sind. Wie Tide oder Wasserstände. Schaffe viel Platz auf meinem Bildschirm. Dann lege ich mich wieder ins Bett und entferne auf dem Smartphone alle Adressen aus meinem Adressverzeichnis, die für mich nicht mehr lebensnotwendig sind. Wie unzählige RA-Kanzleien aus meiner Schiedsamtszeit sowie restlos alle deutschen Schiedsleute. Nach mehreren Umzügen resp. Exodussen around the world, weiß ich, wieviel Ballast abgeworfen werden muss. Unweigerlich. Je früher, desto besser. Das ist die Lehre aus Dithmarschen. Es macht keinen Sinn zurückzublicken. tabula rasa im Kopf, in der Seele und im Bauch. Unter den Fingern. Zur guten Nacht konsumiere ich youtube. Die Doppelmoral der Schweizer am Everest. Die Doppelzüngigkeit. 

September 26, 2024

Fußwaschung

 Im Traum verabschiede ich mich. Nein, die Nordsee fehlt mir nicht. Ich fühle mich delighted, begleiche am Computer die letzten deutschen Telefonrechnungen und kündige mein deutsches händi. Wer braucht denn ein Magentapurpur für sein persönliches Glück? Ich muss hier meine Füße so oft täglich waschen wie in meinem früheren Leben die Hände.

Bank

Wir müssen zur Bank. Ein zweites Konto, in nepalesischer currency, eröffnen. Ich huste. Nun aber soll alles funktionieren. Ich huste weiter und will zurück ins Bett.

September 24, 2024

krank

Ich habe rasende Kopfschmerzen und liege den ganzen Tag im Bett. Schwitze, verbrauche Berge von Papiertaschentüchern. W. sagt, so würde das nun immer sein. Dass man ein Programm vorgelegt bekommt, an das sich keiner hält. Es hat mich überhaupt nicht gestört, widerspreche ich. Ich vertraute blind darauf, dass ich ankommen, überleben und zurückkommen würde. Wasser bekamen wir ausreichend an jeder Straßenecke gereicht. An der Hitze litt nur ich unsäglich, aber ich verschwendete keinen einzigen Gedanken an die Organisation des Wanderns. Nur L, die Britin, die seit 5 Jahren mit Hund im Norden Kathmandus lebt und ihr halbes oder ganzes Leben als "oversea-worker" zugebracht hatte, nur sie war immer wieder ungehalten, they just could tell us ... 

Aber was hätte sie uns sagen sollen? Um Himmels Willen? In welcher Sprache? Vielleicht wurde alles bis ins letzte Detail präzise kommuniziert, nur wir verstanden es nicht.

September 23, 2024

Nepal Peace Walk Day 3

... walking, waiting for enlightenment, arriving home late! 

Es ist schon früh am Morgen unerträglich heiß. Inner peace engineering funktioniert irgendwie nicht. Tohuwabohu. Wir sollten losmarschieren, begleitet von den lokal drummers, da fällt es jemandem ein, dass wir noch kein Frühstück bekommen hatten. Also Frühstück im Stehen. Der Tee ist heiß und süß. Anschließend fotosession. Ich werde gebeten (it's a honour), eine Peacelampe zu tragen. Also trage ich sie. Nach Panauti, zum Namo Buddha Dyokshen, nach Itey zur Namo Buddha Secondary School. Stelle sie ab. Es gibt first lunch - jemand gesteht mir "this is not lunch, lunch will be in 30 minutes". Trage sie weiter zum Thrangu Monastery, zum Namo Buddha. Wechsle mehrmals die Kerze aus. Die Lampen sind am dritten Tag lädiert, die Kerzen fast aufgebraucht. Ich trage sie zum Abhayadan spot und verneige mich vor Bodhisatwa. Dann werden wir, mit Unterbrechungen, zum Na:Ma Buddha Tempel oben auf den Berg gefahren Wir müssen immer wieder aussteigen, Begrüßungszeremonien entgegennehmen, Ladakhtänzer bewundern, die bei dieser Hitze mit Yak-Masken und unter Yak-Fellen um die Wette tanzen. Die lokale Jugend schlägt derweil um die Wette auf ihre Trommeln ein. Eine unglaubliche Freude verbreitet sich. Unheimliche Energien verwirbeln die heiße Luft. Ich schlucke leer.

Im Na:Ma Tempel muss ich zum letzten Mal die Schuhe ausziehen, dann erweist es sich, dass wir an der falschen Stelle unsere Lampen abgeben wollen, also laufe ich mit den anderen barfuss, die Bergschuhe baumeln an den Schnüren in meiner Hand, die Strümpfe hab ich hineingestopft, den halben Berg wieder hinunter, bis zum lions cave - dem Löwenkäfig. Dort darf ich endlich die fast abgebrannte Peacelamp abgeben. Ich bin fix und fertig, außer Atem und am Ende meiner Kräfte.  Von Erleuchtung keine Spur. Die ganze Anlage ein einziger Touristenhotspot. Wir bekommen zwar etwas zu trinken, aber ansonsten begrüßt uns hier, am Ziel angekommen, niemand. Von den letzten Reden verstehe ich wieder kein Wort, wie schon von den ersten nicht. Auf den letzten Fotos fehle ich, weil ich vor der langen Rückfahrt auf der Suche nach einem Klo war. Und dann geht es plötzlich schnell, wir, die Britin und ich, werden mit einem Auto nach Kathmandu zurückgebracht. Auf der Fahrt fängt die Nase an zu laufen und der Kopf zu brummen. Mit dem Bus mit allen andern hätten wir wahrscheinlich bis Mitternacht gebraucht. So sind wir nur mit ein paar wenigen Stunden Verspätung wieder zu Hause. 

September 22, 2024

Nepal Peace Walk Day 2

... still walking and waiting ...

meine ladies stehen um 5 auf, meditieren (inner peace engineering). Ich suche den Wasserhahn auf und wasche mein Gesicht. Ab 6 Uhr singen die Novizen. Ihre Anwesenheit wird durch Nummern (english,  sonst hätte ich es nicht verstanden) überprüft. Danach laufen die Jungs, es sind ja noch Kinder, etwa ein Dutzend Mal durch den Hof, auf dem Weg zum und vom Frühstück, das sie in metallenen Becken herumtragen. Nach dem Frühstück empfangen sie von uns Pilgern in den sauber ausgewaschenen Essensbecken donations. Ich bin überfordert. Auch wir bekommen Frühstück, diesmal auf Papptellern. Wir produzieren unendlich viel Müll! Und sollten eigentlich Bhaktapur umrunden und die 15 Biharas-Bahas besuchen, aber dazu kommt es nicht, weil wir schon wieder hoffnungslos zu spät sind. Die Ausländer müssen sich noch beim Abt persönlich in the office bedanken. Ich schiebe ihm 500 Rs über die Tischplatte zu, die er blitzartig in einer Schublade verschwinden lässt. Danach gibt es Gruppenbilder und Bustransfehr mit den brennenden Peacelamps direkt zum Dhagpo Sheydrub Ling Monastery - herrschaftlich auf einem Hügel gelegen in grünster grüner Landschaft. Beim Frühstück wurden Masken verteilt. Ich verstand nicht, wozu. Aber man riet mir, eine zu nehmen - you will see, how it is in the countryside! Der Inder aus Kerala setzte sich die Maske auf, als er vor dem Klostertor aus dem Bus stieg, wurde aber vom bewaffneten Security-man nicht eingelassen. Only without mask. Lange sitzen wir im riesigen leeren Klosterhof unter dem gelackten Bau. Rücken unsere Plastikstühle immer weiter an die Wand, in den Schatten. Die Mittagssonne brennt gnadenlos. Irgendwann dürfen wir die heilige Halle besichtigen, dort oben wimmelt es von Verbotsschildern. Don't do this, don't do that, don't touch the wall, don't touch the Gong, don't take fotos inside - was natürlich niemanden daran hindert, das Smartphone zu zücken. Selfies über Selfies, vor dem riesigen goldenen Buddha. Ich denke darüber nach, was ich in den letzten Wochen alles vernichtet habe, Hunderte elektronischer Fotos. Ich werde den freigewordenen Platz nicht wieder belegen. Leichtigkeit verpflichtet.

Nach etwa 2 Stunden untätigen Herumstehens und -Sitzens, immer weiter in den Schatten Rückens, gibt es überraschend Mittagessen. Lecker wie immer. Scharf. Berge von Reis.

Weiterfahrt nach Shristikanta Lokeswor, Nala. Hieß es nicht gestern abend, heute würden wir aber den ganzen Tag nonstop laufen? Wir laufen tatsächlich durch die alte Stadt, nach dem Begrüßungszeremoniell wissen wir nicht, wohin mit den Bananen, Äpfeln, Nüssen usw. Jemand wollte mir zum Dank sogar eine Kartoffel in die Hand drücken. Zum Schluss musste ich eine Peacelamp an mich nehmen. Noblesse oblige. 

Wir kommen so zeitig in Dhyanakuti Virar, Banepa an, dass wir nach dem Tee (heiß, süß) unsere "Zimmer" beziehen dürfen. Der ladies room hat eine eigene Toilette mit Waschmöglichkeit. Das heißt fließendes kaltes Wasser aus einem Hahn. Ich "dusche" als Erste, weil ich es nicht mehr aushalte, und entschuldige mich danach bei meinen Schlafgenossinnen, dass nun leider das ganze Bad unter Wasser stehe. Das scheint niemanden zu kümmern, im Gegenteil, meine Beteuerungen sorgen für langanhaltende Heiterkeit.

Vor dem Essen, um 18:28 Uhr tritt die Herbst-Tag-und Nachtgleiche ein. Ungefähr zeitgleich werden wir zu einer Belehrung in den Tempel gebeten. Sie beginnt mit der Frage, ob wir hungrig seien und endet nach eineinhalb Stunden mit der Anleitung zum meaningful walking. Darüber muss ich den ganzen nächsten Tag nachdenken. 

September 21, 2024

Nepal Peace Walk Day 1

I'm walking and waiting ... um 6 Uhr werde ich vor meiner Haustür abgeholt und mit drei weiteren Peacewalkern ins buddhistische Kloster Anandakuti Vihar in Swayambhu gefahren. Wir versammeln uns um die Stupa, sind viel zu früh, bekommen T-Shirts und Mützen, wer will auch einen Rucksack. Ich will nicht, habe meinen eigenen. Und Regenschirme! Dann gibt es Frühstück. Süßen und nicht süßen Reis, scharfe Bohnen, Linsen. Tee. Kekse. So wird es die nächsten drei Tage bleiben. Dreimal täglich!

Man sagt, Anandakuti Vihar sei das erste Theravada-Kloster in Nepal. Ich verstehe selbstverständlich nichts davon und kein Wort von den Reden über Peace. Übe mich in Geduld.

Bei der Verteilung der Peacelamps weigere ich mich standhaft, eine an mich zu nehmen. Mit brennender Kerze durch die Hitze zu wandern, scheint mir in meiner noch-jetlag-Situation ein zu großes Risiko.

Gegen gefühlt 9 Uhr (ich habe keine Uhr und nutze das Smartphone absichtlich nicht) gehen wir los, steigen unendlich viele Stufen durch den Affenwald hoch. Die traditionell gekleideten Frauen alle in slippers. Zum Shree Gha Vihar. Dort werden wir zum ersten Mal begrüßt mit rotem Kumkum Pulver auf die Stirn, Khatas um den Hals, Wasser, Saft, Keksen. Weiter geht es durch belebte Straßen, eskortiert von Polizisten, zum Charumati Vihar. Schon wieder Tee, Wasser, Khatas, Bananen.

Bei der Boudhanath Stupa gibt es cultural activities und lunch. Wir sind bereits weit hinter dem Zeitplan, weil die Begrüßungen und die Gruppenfotos viel Zeit in Anspruch nehmen. Aber ohne geht es nicht und ich verstehe schnell, warum die nepalese ladies slippers tragen. Ich muss meine Wanderschuhe ständig mühselig aufschnüren und wieder zuschnüren. Denn anders geht es nicht. Bin froh, dass ich ohne Peacelamp laufe.

Nach dem Essen steigen wir mit ungefähr 25 brennenden Peacelamps in einen Bus. Zum wandern ist keine Zeit mehr. Transfer nach Nagadesh Vihar, aussteigen, Begrüßung mit Trommeln und Schellen, Khatas und Getränken. Wir marschieren singend durch Thimi. Der Lärm ist ohrenbetäubend in den engen Gassen, aber die Menschen scheinen alle glücklich, uns zu sehen.

Weitertransfer nach Muni Vihar, Bhaktapur. Am Stadtrand werden wir begrüßt mit den üblichen ingredients, und nehmen die letzte Strecke unter die Füße, trommelnd, singend zum Kloster. Wo wir beim Eindunkeln die letzten blessings des Tages entgegennehmen. Die Lampen werden übergeben, Reden gehalten, süßer Tee und Kekse serviert. Als wir schon denken, das wars für heute, gibt es Dinner im Schneidersitz und ohne Schuhe. Reis, Bohnen, scharfes Gemüse. Wir sind müde, hungrig und verschwitzt, legen uns mit vollen Bäuchen in das Frauen-Dormitory. Eine neben die andere. Die beiden Nonnen, die mitlaufen, versuchen ihre Gewänder aufzuhängen. Zum Lüften. Zum Klo ohne Schuhe ist nicht möglich, und es gibt kein Licht, also das Smartphone mitnehmen. Irgendwo im Dunkeln tropft ein Wasserhahn. Die halbe Nacht verwirbelt über meinem Kopf ein Ventilator die Luft, in der zweiten Hälfte hört er auf zu brummen, wahrscheinlich wurde der Strom ausgeschaltet. Wahrscheinlich habe ich hier den Zug abbekommen, der mir nicht bekommen wird.

https://peacetourist.com/nepal/itinerary-peace-walk/ 

September 20, 2024

first rain

Während wir beim Mittagessen sitzen (MoMo), prasselt heftiger Regen auf uns nieder. Danach ist das Appartement kurzzeitig ohne Strom. Der Fahrstuhl funktioniert, don't panic - steht dort geschrieben. Wenn mal nichts mehr läuft. 

September 19, 2024

Constitution Day

Zur Feier des Tages - 9 Jahre Verfassung - frühstücken wir in Thamel.

"The Constitution has guaranteed the rights of all citizens by recognising the worldwide values and principles of democracy and human rights", Nepali Congress President and former Prime Minister Sher Bahadur Deuba said. "May this day inspire all of us to take the country towards the path of economic prosperity by protecting the Constitution and institutionalizing the federal democratic governance system."

September 18, 2024

first walk

Mein erster Spaziergang durch Panipokhari. Lazimpat Sadak rauf und runter. Vorher lerne ich, vom 10. Stock auf die Straße zu kommen. Wir wohnen ungefähr gegenüber der Japanischen Botschaft. Die Aussicht von oben ist atemberaubend und schwindelerregend. Ich getraue mich kaum so nahe an die Brüstung zu treten, dass ich durch das Taubengitter hindurch ein Foto nach Süden schießen kann, ohne dass es aussieht, als säße ich im Knast! Wir haben drei Balkone und sehen in alle vier Himmelsrichtungen.

Unten ist es wie immer. Heiß. Laut. Voll. Ich überquere ohne mit der Wimper zu zucken Straßen, entdecke Blue Moon, meinen Lieblingssupermarkt, kaufe Batterien, Teller, Gläser, Früchte, Spülmittel usw. Was wir so brauchen nach der Ankunft. All das, was wir vor gefühlt 24 Stunden in einem ganz anderen Leben fernab der Notwendigkeit fein säuberlich getrennt entsorgt haben.

Am Abend business dinner. Wie immer: schockierendes Kontrastprogramm. Von Jetlag keine Spur. Der Mond ist immer noch sehr hell und voll. Ich höre die ganze Nacht Hunde bellen.  

September 17, 2024

arrived in time with metal

First thing I saw at the Tribhuvan International Airport was my trampoline, leaning against the wall near the already slowly moving luggage belt. 

Vom Gepäckband heben wir unser eingechecktes Gepäck: 85 kg, am Arm und in der Hand schleppen wir 25 Kilo Handgepäck. Das Trampolin ist weniger schwer als unhandlich: 110 cm Durchmesser. Ich remple ständig andere Reisende an. Auf dem Weg nach Hause fahren wir im PATA Office vorbei, wo wir die seit Juni auf mich wartenden beiden Koffer, nochmals schätzungsweise 40 kg einschließlich Wanderschuhe Paar 1 plus Laptop Nr 1 zuladen.

Die Nepali ehren heute alles, was aus Metall ist, also Autos, Metallgitter, Jalousien vor den Straßenshops. Der Rahmen und die Beine meines Trampolins sind auch aus Metall. Also: Arrived just in time. 

September 16, 2024

Grenzverletzung

Ich bin seit zehn Jahren auf dem Weg nur zu mir. Übe mich darin, ungesunde Umwelteinflüsse jeglicher Art abzuwehren. Und mich auf mich zu konzentrieren. Indem ich atme, denke, fühle. Schweige, schreibe, schwimme. Ich zog auf die Hallig, suchte ein weltliches Klosterleben und scheiterte kläglich! Nichts ist verwerflicher als das Leben auf Kosten anderer. Reumütig kehrte ich zur Einkehr in meinen eigenen Garten zurück, nahm zwei schwarze Kater in Pflege, widmete ein Teil meines Hauses in ein Tierhospiz um, bis ich sie unter der Edelkastanie zur letzten Ruhe betten durfte. Immer und immer wieder schaute ich hinter den unverstellten Horizont, versuchte dort irgendetwas zu erkennen, zu erhaschen, zu erreichen. Ich fand nichts und kam nirgends an. Eine zwar großartige Leere umgab mich und auf dem Deich dicke Menschen, denen ich aus dem Wege ging. Ich driftete mehr und mehr aus dem Raum.

Dann fiel im Oktober das erste der 546 Rufzeichen vom Himmel: Lalitpur. Ich ahnte damals nicht, dass dies ein Rufzeichen war, und schon gar nicht, dass es direkt vom Himmel kam. Aber ich folgte ihm unbeirrt. Bereits im Januar konfrontierte mich ein kluger Kopf mit Wertvorstellungen aus dem hessischen Vogelsberg, warf mir Grenzverletzung vor, Video-Voyeurismus, weil ich mich zur christlichen Weihnacht ständig mit dem Helikopter bei günstigen Aufwinden auf den Everest hochheben ließ. Das sei ein Land nur für Eingeweihte, schrieb er mir, tabuisiertes Land! Tempel nur für Eingeweihte, Berge nur für Eingeweihte, Helikopter nur für Konsum-Menschen, "bloße Sehnsucht reicht nicht". Dieser Satz lag mir mit seiner Strenge Wochen, Monate schwer im Magen. Ich sehnte mich überhaupt nicht - und schon gar nicht "bloß" - nach Lalitpur, Kathmandu, Panpokhari. Allesamt Namen, die ich noch nie gehört, geschweige denn die Orte, denen sie gehören, gesehen, geliebt, bewundert oder vermisst habe. 

Und - schoss es mir in schlaflosen Winternächten immer wieder durch den Kopf - was ist mit den anderen, mit denen, die in umgekehrter Richtung unterwegs sind. Finden die in unseren Weihnachtskirchen auch keinen Einlass? Auf unseren Weihnachtsmärkten? Weil auch hier alles nur für Eingeweihte ist, der Wohlstand, das Wachstum, die Wirtschaft, das Wohnzimmer und der Beichtstuhl ... 

Ich verlasse jetzt das Land der Deutschen, und kehre mich ab von der deutschen Deutungshoheit. 

September 09, 2024

September 04, 2024

zu schade

Das Haus ist fast leer. Und doch kommt immer wieder der gierige Griff. Wenn ich sage: "Das bekommt die Kleiderkammer." Oder: "Das holt hoelp ab." Nein, höre ich dann, entschieden: "Nein! Das ist zu schade, das nehme Ich!" Zu schade für die Kleiderkammer, zu schade für hoelp. Ich würde verstehen, wenn es um die schwarze Tonne ginge. Um den Restmüll. Wenn ich sagen würde: "Das kommt weg!" Oder: "Das schmeiß ich in den Müll." Ich könnte verstehen, dass jemand einwendet, aber das ist zu schade für den Müll, das ist doch noch gut, völlig intakt, noch zu gebrauchen. Wirf es bitte nicht weg, nicht in diese Tonne (die bei mir btw einen grauen Deckel hat), dann nehme ich es lieber mit. Das könnte ich verstehen. Und akzeptieren. Und müsste mich nicht hintersinnen, bräuchte kein einziges Wort darüber verlieren.

Aber bei der Kleiderkammer? Bei hoelp? Warum gönnen die Leute keinem armem Tropf auch mal ein Schnäppchen? Warum greifen die lieber selber zu, deren Wohnungen, Häuser, Zimmer, Garagen, Gartenschuppen bis oben hin vollgestopft sind mit Ichweißnichtwas? Warum gönnen sie keinen ukrainischen oder syrischen Geflüchteten etwas Anständiges. Schönes. Überflüssiges. Wie zB ein Bild an die Wand oder ein Buch in die Hand. Was sagt das über uns Zivilisierte, Angepasste, gut Ausgebildete, untertänig Sozialisierte, brave Menschen an der Westküste, wenn etwas zu schade ist für die Kleiderkammer, zu schade für hoelp?